Geistliche Kampfführung - mehr Vollmacht oder mehr Verführung?

(21. Jan. bis 14. Febr. 2000)

Über den Bildschirm flimmerte ein hageres Gesicht mit fanatischen Zügen. Es war eine der ersten Meldungen des Tages in den indischen Nachrichten. Dara Singh, der mutmaßliche Mörder des Missionars Graham Staines und seiner zwei Söhne, war endlich gefaßt worden. Fast könnte man meinen, er war Indiens meistgesuchter Verbrecher. Auch war ein hohes Kopfgeld auf ihn gesetzt worden. Das Fernsehen zeigte Bilder von dem verbrannten Jeep und andere Szenen, die an diese Tragödie am 23. Januar des vergangenen Jahres erinnerten, wo drei unschuldige Menschen bei lebendigem Leib verbrannten.

Dieses Ereignis bewirkte weltweit Schlagzeilen und ich war einigermaßen überrascht, mitten im Flugzeug auf einmal in einer indischen Tageszeitung das Bild von der Witwe samt Tochter Esther zu sehen. Fast hatte ich den Eindruck, es handelt sich hier um eine bereits indienweite Berühmtheit. Dieser Artikel berichtete über Gladys Staines, wie ihr angekündigter Vortrag den Saal brechend voll mit Menschen füllte. Es war genau einen Tag vor der Verhaftung des Mörders Dara Singh, als ich diesen Bericht las.

Am nächsten Tag rief ich wegen bevorstehender Planungen bei Lilo Penny in Bangalore an. Ron und Lilo Penny ist das Ehepaar, das ich nun bei jeder meiner Indienreisen besucht habe. Sie erwähnte, daß das Haus voller Reporter und mehrere TV-Kamerateams gewesen ist. Auf meine erstaunte Frage, wie sie zu so hoher Aufmerksamkeit gekommen sei, wurde mir mitgeteilt, daß an eben diesem 31. Januar die Verhaftung Dara Singhs bekanntgegeben wurde. Gladys Staines war an diesem Tag in Bangalore gelandet und zu Besuch bei den Pennys. Irgendwie müssen die Reporter schnell herausgefunden haben, wo sie zu diesem Zeitpunkt weilte; und nun wurden die großen Interviews geführt, was denn nun ihre Reaktion sei, daß endlich der Mörder ihres Mannes und ihrer Söhne verhaftet worden ist.

Am 4. Februar nun saß ich dieser Frau gegenüber, die so viel erlitten und so tapfer all diese schrecklichen Verluste getragen hatte und damit ein Zeugnis für ihren Erlöser Jesus Christus geworden war. Vor dem Abflug hatte meine Frau noch im Gebet an diese Witwe gedacht. Als ich sie nun in Lilo Pennys Haus persönlich kennenlernte, tat es mir leid, daß meine bessere Hälfte mich nicht begleitet hatte. Sie hätte viel besser mit Gladys kommunizieren können.

Gladys ist inzwischen so bekannt, daß sie sich kaum unerkannt in der Öffentlichkeit bewegen kann. Ihr Fall ist für die indische Regierung so brisant, daß man ihr sogar eine Leibwache zugeteilt hat, die sie beschützen soll. Doch dieser ganze Rummel ist nicht spurlos an dieser leidgeprüften Frau vorübergegangen. Einerseits ist sie erschöpft und hätte am liebsten Ruhe. Andererseits hat sie, wie sie mir bestätigte, nun Gelegenheiten und Plattformen wie nie zuvor, von ihrem Erlöser zu erzählen. Weltweit kommen die Anfragen und auch von Deutschland liegt von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte eine Einladung vor.

Dabei ist ihr Aufgabenpensum dramatisch angewachsen. Sie hatte sich zuvor kaum um die Verwaltungsarbeiten der Leprastation gekümmert. Dies hatte bestens ihr Mann Graham im Griff. Nun mußte sie sich schlagartig auch damit auseinandersetzen. Von der Trauerarbeit, ganz zu schweigen, die nach so einem schrecklichen Ereignis mindestens zwei Jahre in Anspruch nimmt. Ohne die Gnade Gottes könnte man sich fast ein Burnout-Syndrom vorstellen. Auf meine vorsichtige Frage, wie sie denn ihre Zukunft in Indien sehe, war ihre Antwort: I don´t know.

Weiters fragte ich sie, wie nun die Situation für die Gläubigen in Indien aussieht? Ist seit dem schrecklichen Attentat auf ihren Mann und die Kinder, das so viel Aufmerksamkeit bewirkt hat, eine größere Offenheit für das Evangelium zu erkennen? Oder nehmen der Widerstand und die Verfolgung zu? Wie mir auch von anderer Seite bestätigt worden ist, hat sich beides eingestellt. Einerseits eine größere Bereitschaft für die Heilsbotschaft, andererseits wachsender Widerstand seitens der militanten Hindu-Organisation RSS. So hat z.B. dieser schreckliche Wirbelsturm Oktober letzten Jahres im Bundesstaat Orissa wiederum viele Herzen geöffnet. Zunächst ist bemerkenswert, wie der Sturm den Ort Baripada, wo auch Gladys lebt, verschonte, obwohl er direkt in der Richtung dieses Superzyklons lag. Doch wie durch höheres Eingreifen teilte er sich vorher und kein Gebäude wurde beschädigt. Es waren sogar viele Hindus in diesem Bundesstaat Orissa, die meinten, dies ist nun Gottes Gericht, weil unsere Leute den Missionar verbrannt haben. Wieweit dies berechtigt ist, wage ich nicht zu sagen.

Jedenfalls waren nach dieser Schneise der Verwüstung die Christen die ersten, die Lebensmittel brachten und die tatkräftig halfen, die erste Not zu lindern. Dies hat verständlicherweise wiederum viele Herzen für die Gute Nachricht geöffnet, andererseits wiederum die RSS auf den Plan gebracht mit dem Vorwurf, die Christen mißbrauchen die Not der Einheimischen. Dies sei eine Art von Bestechung, um einen Religionswechsel zu veranlassen. Die Lage hat sich auch insofern verschärft, als diese militante RSS-Bewegung vom gegenwärtigen Premierminister Vajpayee als eine kulturelle Organisation bezeichnet worden ist. Damit ist es ihnen erlaubt, wie im Bundesstaat Gujarat beschlossen, offizielle Ämter zu bekleiden. Es ist ungefähr so ähnlich, als hätte Hitler die SA als Trachtenverein deklariert.

Auch plant der Bundesstaat Orissa ein Gesetz zu verabschieden, wonach 14 Tage vor dem Religionswechsel, gemeint ist die Taufe, dies polizeilich gemeldet werden muß. Es erinnert die indische Situation, jedenfalls in einigen Regionen, an die Feststellung des Paulus: „Denn mir ist eine große Tür aufgetan, die viel Frucht wirkt. Und viele Widersacher sind da“ (1. Kor. 16,9).

Am 7. Februar saß ich mit Gladys und Lilo im Abfertigungsraum für besonders gestellte Persönlichkeiten im Flughafen von Bangalore. Gleich zwei Bodyguards hatten uns dorthin verwiesen. Mir kam diese hohe Aufmerksamkeit eher gelegen, denn der eine Leibwächter konnte problemlos die von mir gewünschte Änderung meines Weiterflugs nach Bombay auf den 10. Februar veranlassen. Mit dieser Unterstützung wurden besondere Flugwünsche sogleich erfüllt. Doch Gladys ist dieser Publicity-Rummel eher zuwider. So kann man nur die Hände falten und den Herrn bitten, diese tapfere Witwe weiterhin mit seiner großen Gnade durchzutragen und sich auch in Zukunft durch dieses schreckliche Ereignis zu verherrlichen.

Doch nun zurück zu dem Beginn dieser Reise. Ich war gebeten worden, in Ahmedabad, der größten Stadt im Bundesstaat Gujarat, über das Thema der Wiederkunft Jesu zu sprechen. Der Einbruch des Toronto-Segens hatte für Verwirrung und Verunsicherung gesorgt. Die Vorträge hatten offensichtlich eine gewisse Wirkung. Der Versamm-lungsraum der Beulah Alliance Church in Ahmedabad war gewöhnlich voll bis randvoll. Es zeigte sich deutlich ein gnädiges Wirken Gottes, das ich nur auf die Fürbitte vieler zurückführen kann. Etliche hatten mir zugesagt, wegen dieser nun achten Indienreise im Gebet an mich zu denken. Dabei wurde im großen und ganzen nur Bibelarbeiten gebracht, aber man spürte den Zuhörern einen Hunger nach dem Wort des Lebens ab. Wie gewöhnlich war es auch hier das Phänomen des Umfallens, das viele verwirrte, mit dem auch schon viele selber Erfahrung gemacht haben. Doch es zeigte sich eine große Bereitschaft zuzuhören und man blieb problemlos zwei Stunden sitzen. Das ist schon für einen Europäer erstaunlich, und so weit ich es überblicken kann, gab es keinen oder kaum Widerspruch.

Mit dem Pastor Madhu Christian, der in diesen Alliance-Churches eine Art Leiterfunktion vertritt, verband mich schnell eine echte Freundschaft und eine Übereinstimmung in praktisch allen theologischen Fragen. Im Bundesstaat Gujarat gibt es vier evangelikale Gemeindegruppierungen: Die Methodisten, Church of North India (CNI), The Christian and Missionary Alliance and die Heilsarmee. Wie Madhu berichtete, haben nun einige der Pastoren der Methodisten und von CNI in ihre Gemeinden das „Ruhen im Geist“, Zungenreden und sogenannte Anbetung mit lauter Musik in ihre Gemeinden eingeführt. Auch gibt es seit ca. zwei Jahren Kanzeltausch mit katholischen Padres, was früher beinahe undenkbar war. Doch es wird immer mehr die Einheit um jeden Preis angestrebt, auch wenn die biblische Lehre dabei auf der Strecke bleibt und ein Kompromiß dem anderen folgt.

Für mich war es ein gewisser Schock zu sehen, wie OM (Operation Mobilisation) Indien immer noch daran beteiligt ist, Bücher von Benny Hinn zu verkaufen. Dabei hatte man mir in einem persönlichen Gespräch mit der verantwortlichen Leitung vor Jahren zugesagt, davon Abstand zu nehmen. Diese ernüchternde Tatsache mußte ich in einem christlichen Buchladen in Amedhabad zur Kenntnis nehmen. Auch ein Buch von Kathryn Kuhlman und sogar Yonggi Chos “Vierte Dimension” ist in dieser Liste von christlicher Literatur vorzufinden, für deren Verteilung OM zuständig ist. Es ist, als würde ein Arzt neben Antibiotika auch etwas Zyankali und Strychnin unter das Volk bringen.

Was ist streckenweise aus einer Bewegung geworden, die einst in so großem Segen gewirkt hat und an manchen Orten immer noch wirkt? Doch die früher propagierte „Love Covers“-Welle hat dazu geführt, auch solche Leute liebevoll zu akzeptieren, die sich oft genug später als reißende Wölfe herausgestellt haben. Genau diese Haltung beklagt besonders Bill Randels, Pastor einer Pfingstgemeinde und Autor des Buches “Beware the New Prophets”. Gerade dieses Buch, das zu lesen ich bei dieser Reise Zeit fand, hatte mich neu motiviert, vor der zunehmenden Woge der Verführung zu warnen.

Zunächst muß man fast resignierend feststellen, wie der Einfluß von Peter Wagner ebenso weltweit wie verheerend ist. Immer mehr Leute lassen sich in die geistliche Kriegsführung verstricken, in der Meinung, damit Gott einen Dienst zu erweisen und dem Teufel zu schaden. Kronzeuge dafür ist nicht Gottes Wort, sondern Peter Wagner, dessen Ausführungen, trotz aller Gespenstergeschichten, immer noch den Anschein des Akademischen zu vermitteln scheinen. In dieser pseudoreligiösen Verpackung nun wird dieses unbiblische Substrat von vielen arglosen Gemütern, die es in Indien natürlich besonders reichlich gibt, geglaubt und praktiziert.

So beklagt Bill Randles: “Praktiken wie Erstellen geistlicher Landkarten, das Identifizieren des ‚Starken‘ über einen geographischen Bereich, das Herausfordern namentlich von dämonischen Mächten und Hierarchien, Lobpreismärsche, das Einschlagen von Pfählen, um Städte für Gott zu beanspruchen und eine Reihe anderer Praktiken, die in den späten 80er und beginnenden 90er Jahren sehr populär geworden sind, haben mehr mit Magie und Mystizismus denn mit der Spiritualität des Neuen Testaments zu tun. Wann haben Petrus oder Paulus jemals die Geschichte einer Stadt erforscht, die sie zu evangelisieren gedachten, so daß sie die “beherrschenden Geister” bekämpfen konnten? Wann haben sie jemals Zeus, Apollos oder irgendeinen ‚Gott‘ des restlichen Pantheons herausgefordert oder geboten? Ich darf Ihnen versichern, sie hatten reichlich Gelegenheit dazu.”

“Er hätte zweifellos einen Geist der Hurerei in Korinth, Hexerei in Ephesus und einen religiösen Geist in Jerusalem ausgemacht. Apg. 17 berichtet von Paulus, als er in Athen eintraf, daß ‚sein Geist ergrimmte, als er die Stadt voller Götzen sah...‘ Was war seine Reaktion? Schrie er Zeus an oder band er Apollos? Hat er eine stadtweite Versammlung der Griechen einberufen und sich bei ihnen im Namen der Römer entschuldigt? Ist er um Athen herummarschiert und hat vier Pfähle an den vier Enden der Stadt eingeschlagen, um sie für Gott einzunehmen? Das sind nur einige der jüngsten ‚Offenbarungen‘, die kürzlich im Rahmen der geistlichen Kriegsführung gegeben wurden! Aber Paulus wußte durch das Evangelium, daß es nur eine weniger sensationelle Form geistlicher Kampfführung gibt, nämlich ‚er redete zu den Juden und Gottesfürchtigen in der Synagoge, auch auf dem Markte alle Tage zu denen, die sich herzufanden‘ (Apg. 17,17).“

Weiters beklagt er: „Yonggi Cho, Pastor der größten Kirche der Welt, hatte die Vorstellung eines ‚offenen Himmels‘ propagiert, in dem die Atmosphäre von allen dämonischen Mächten gereinigt worden sei und es gäbe nun kein Hindernis mehr für das Evangelium. Das hat zu einer Menge von symbolischen Handlungen seitens der Gemeinden geführt, in dem Versuch, die Himmel zu reinigen. Diese symbolischen Aktionen reichten von Ausfächern über eine große Stadt in Gruppen, bis zu den höchsten geographischen Örtlichkeiten, einschließlich der Spitze von Gebäuden, um dann zu einer bestimmten Zeit gemeinsam dem ‚Starken‘ zu gebieten, weiters der Marsch für Jesus (dessen Begründer zugaben, daß er nichts mit Evangelisation zu tun hatte, wohl aber mit dem Versuch, die ‚Himmlischen Örter‘ zu reinigen), über das Studium von griechischer und römischer Mythologie, auf der Basis, daß wir unseren Feind kennen müssen und diese Götter eben Geister sind. Das letzte Ende, zu dem uns diese geistliche Kriegsführung gebracht hat, ist ‚stellvertretende identifizierende Buße‘, die symbolische Anerkennung und Buße wegen der Sünden unserer Vorfahren gegenüber den Nachfahren der Leute, die unsere Vorväter unterdrückt haben. C. Peter Wagner stellt in einem Charisma Artikel zu diesem Thema fest, daß dies die Vollmacht der Kirche sei, die ‚Vergangenheit zu ändern‘.“ Fazit: Wir sind randvoll mit magischen Vorstellungen, die aus den trüben Quellen von Cho und Wagner gespeist werden. Zurecht konstatiert Bill Randles auf derselben Seite: „Paulus war römischer Bürger und hatte dennoch nicht die Demut, sich bei den Griechen und Syrern im Namen Roms zu entschuldigen, das buchstäblich die ganze Welt geplündert hatte. Auch hat er den Römern nicht den Rat gegeben, solches zu tun.“

Seine ernüchternde Schlußfolgerung: “Ich erkenne das Geheimnis der Bosheit in dieser neuen geistlichen Kriegführung. Man erinnere sich ‚Laßt uns hinaufsteigen‘ (Jes. 14,14 Anm.), hinauf auf die Ebene Gottes.‘Wir kämpfen in den himmlischen Örtern. Wir zerstören diese Gewalten!‘ ... Sind wir die erste Generation, die ‚geistliche Landkarten‘, stellvertretende identifizierende Buße entdeckt hat und dem Heiligen Geist befiehlt, zu uns zu kommen? Die Apostel wußten nichts von diesen Dingen, haben wir uns über sie hinaus entwickelt?” Peter Wagner jedoch berichtet uns: “Aber mehr als an jedem anderen Ort, den ich kenne, fordern die prominentesten christlichen Leiter in Argentinien, wie Omar Carbrera, Carlos Anacondia, Hector Gimenez und andere offensichtlich Satan und seine dämonischen Mächte heraus und verfluchen sie sowohl im privaten Gebet als auch auf öffentlichen Plattformen”. Bill Randles Kommentar zu diesen eigenmächtigen Handlungen besteht in der Anführung von Judas 9 und 2. Petr. 2,11, wo gerade vor solch einem Vorgehen bzw. Verhaltensweise gewarnt wird.

Er beklagt den neu zu registrierenden Hochmut und den Geist der Arroganz, gerade auch im Zusammenhang mit Bill McCartney von den Promise Keepers. Ebenso beklagt er den gesteigerten Wunsch, mit den schnellwechselnden Trends unserer Zeit mitzuhalten. Bemerkenswert sind seine Aussagen: “Diese Frustration führt niemals zu Gebet und Fasten, sondern zu Konferenzen und Gemeindewachstumsseminaren...Resultat: Wahrheit ist zweitrangig in diesen Tagen, wichtig sind Resultate und produzierte Erregung ...Wie Aaron bei der Errichtung des Goldenen Kalbes, obwohl die Pastoren wissen, daß es falsch ist, doch aus Angst, die Leute zu verlieren, bieten sie ihnen etwas an, daß sie sehen, fühlen und erfahren können. Sie verkünden keinen neuen Gott, doch neue Wege, ihn anzubeten...Es gibt ziemliche viele Aarons in diesen Tagen in der Pfingst- und charismatischen Leitung, die wissen daß diese Bewegungen falsch sind: Toronto Segen, Pensacola, Promise Keepers, Trunkenheit im Geist und Ökumene, aber sie haben Angst, ihr Leben und ihren Dienst um der Wahrheit willen zu verlieren und so machen sie Kompromisse”.
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Das sind schon erstaunliche Sätze aus der Feder eines Pfingstpastors. Leider findet man heute diese Kompromißbe-reitschaft nicht nur in charismatischer Leiterschaft, sondern auch in vielem, was sich evangelikal nennt. Etliche durch-schauen z.B. die Promise Keepers nicht, sondern sehen darin ein großes Wirken Gottes. Man fragt sich, was schlimmer ist, Kompromißbereitschaft oder Durchblickslosigkeit? Eine Zeitschrift wie „Aufatmen“ versucht gerade diese verschiedenen Strömungen zum Wohle der Einheit und angeblichen Erweckung zusammenzuführen.

Der Autor sieht die Dinge etwas anders: „Wir stehen am Rande der größten Prüfung, in die jeder von uns hineingenommen wird. Der ständig wachsende Strom falscher christlicher Verkündigung hat viele von uns so konditioniert, beinahe jeden zu akzeptieren, der im Namen des Herrn daherkommt. Wenn Christen unkritisch die erschütternd falschen Lehren eines Benny Hinn oder Rodney Howard Browne akzeptieren, was werden wir dann tun, wenn ein dämonisch inspirierter Betrüger wie der Antichrist daherkommt? Wenn wir einen Robert Schuller, den Papst und Mutter Theresa nicht durchschauen, wie werden wir dann dem entscheidenden falschen Propheten von Offb. 13 widerstehen können?“ Dabei hat gerade zu dieser Entwicklung Billy Graham ein gerüttelt Maß beigetragen und sich mit der Deklaration des Papstes als Mann Jahrhunderts ein Denkmal epochaler Durchblickslosigkeit gesetzt.

Bill Randles beklagt besonders die Arroganz der neuen Propheten mit ihrem Zentrum in Kansas City. “Diese Propheten appellieren an die Eitelkeiten einer eitlen Generation. Der einzige Geist, den sie manifestieren ist der Zeitgeist (wörtlich im Original, Anm.), der Geist dieses vergänglichen Zeitalters”. So erklärte beispielsweise James Ryle, Pastor der Vinyard Gemeinde in Boulder und enger Freund und Berater von Bill McCartney, dem Leiter der Promise Keepers, in einer Weissagung, daß “die Beatles zu einer gewissen Zeit vom Heiligen Geist gesalbt waren, um eine weltweite Erweckung durch Musik herbeizuführen”. Erst 1970 sei dann die göttliche Salbung von ihnen gewichen. “Müssen wir noch mehr über diese weit akzeptierten Propheten sagen? John Wimber weissagte, James Ryle würde ein Seher für den Leib Christi werden und im selben Jahr träumte John Ryle von einem Nilpferd, das in einem Garten stand. Dies wurde als die neue prophetische Bewegung interpretiert, die durch die Gemeinde fegen und die ganze Welt beeinflussen würde.” Kommentar überflüssig.

Man möge mir die ausführlichen Zitate nachsehen, doch sie sind mir derartig aus dem Herzen gesprochen, daß ich sie auf diesem Wege einem größerem Publikum zugänglich machen möchte. Auch konnte ich bei meinen Vorträgen wiederholt solche Passagen zitieren, kam doch fast immer das Thema „Kampfführung“ zur Sprache, besonders wenn zu Fragen aufgefordert wurde.

Lieblich ist OTI (Outreach Training Institute) gelegen, das Ausbildungszentrum von IEM, der auf diesem Subkontinent einflußreichen Indian Evangelical Mission. Für einen Vogelbeobachter ist es eine Fundgrube. Nach nur wenigen Metern sieht man Papageien, Bienenfresser, Blauraken, Kingfisher usw. An diesem Ort gab ich wieder Unterricht vor etlichen Studenten, die sich zum missionarsichen Dienst ausbilden lassen wollen. Beaulah, eine Schwester, die hier auch bei OTI studiert, arbeitete im Norden Indiens im Bundesstaat Himachal Pradesh, der als ein Zentrum des tibetanischen Buddhismus gilt und zu einer Pilgerstätte für Leute aus dem Westen geworden ist. Den indischen Christen sagten die Bewohner dort: „Eure Religion muß falsch sein, sonst würden nicht so viele aus dem Westen zu uns kommen“. In dieser Ecke der Welt gibt es noch ein paar Gemeinden, die auf die Missionsbewegung der Böhmischen Brüder zurückgehen, inzwischen aber fast vollständig von den Charismatikern übernommen wurden.

Dieselbe Schwester berichtete mir, wie beim Gebet seit dem Einbruch dieser schwärmerischen Strömungen die Teilnehmer ständig mit dem Kopf wackeln und so in eine Art Trance geraten. Auch nach dem Beten hören diese rhythmischen Bewegungen nicht auf. Dann ist JMEM dabei, dort Fuß zu fassen und versucht nun, getreu ihrer Berufung als „Jugend mit einer Illusion“, geistliche Kriegsführung gegen den Buddhismus einzuleiten, in dem es die höchsten Berge erklimmt. Von dieser günstigen Stellung aus, wie sie nun meinen, hoffen sie den „Starken“ zu vertreiben. Fazit: Peter Wagner liefert für die weiße Magie die Software, JMEM die dazu nötige Hardware. Eine Bewegung, die so ziemlich alle Irrlehren in die evangelikale Christenheit getragen und sie mit Heidentum durchsäuert hat, wie keine jemals zuvor und natürlich bahnbrechend in sog. geistlicher Kampfführung ist. Seitdem nun unsere Städte für Gott “eingenommen” werden, kann man fast noch schneller den moralischen Niedergang beobachten.

Erfreulich ist, daß bei den indischen Geschwistern das moderne psychologische Denken, das oft genug in einem pseudo-christlichen Rahmen präsentiert wird, noch wenig Verbreitung gefunden hat. Insofern sind die Gläubigen dort viel unkomplizierter und dementsprechend biblischer. Sünde wird noch Sünde genannt und nicht durch psychologische Gutachten versucht, entweder zu verschleiern oder zu entschuldigen. Die heute übliche Vermischung von Seelsorge und Psychotherapie steckt dort noch in den Anfangsstadien. Leider ist auch hier die westliche Christenheit, wie in so vielem, Trendsetter. Doch wenn der Herr gnädig ist, bleibt eine weitere Durchsäuerung und geistliche Entmannung, wenigstens auf diesem Gebiet, den Geschwistern im Glauben erspart.

Neben den bereits erwähnten Diensten gab es noch Vorträge und Verkündigung in Bangalore und am Ende der Reise auch in Bombay, die der Direktor des dortigen CVJM (YMCA) organisiert hatte. Nach der Botschaft in der Open Bible Fellowship Church am Sonntag den 13. Febr., praktisch der Tag der Rückreise, baten mich die Zuhörer wiederzukom-men und ein Seminar abzuhalten. Madhu Christian, der Pastor der Alliance Church in Ahmedabad, wo meine ersten Bibelarbeiten stattfanden, war von der Resonanz der indischen Christen so angetan, daß er mich sehr herzlich ersuchte, nächstes Jahr wiederzukommen. Den Termin hatte er sich für Ende Januar 2001 bereits vorgemerkt. Es sieht ganz so aus, als würde ich von Indien nicht mehr so schnell loskommen.

Alexander Seibel


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