Birma, das Land der unzähligen Pagoden

(21. Jan. bis 9. Febr. 2002)

Ein lauter Knall weckte mich mitten in der Nacht aus meinem dämmrigen Zustand im Reisebus. Frustriert wurde mir klar, daß nun wieder ein gemarterter Reifen sein „aufgeblähtes“ Dasein lautstark buchstäblich ausgehaucht hatte. Dies bedeutete nochmals ca. eine Stunde Stillstand statt Weiterfahrt. Dabei hatte es geheißen, die Reisegesellschaft stelle beste Busse zur Verfügung, klimatisiert, modern usw. Kostenpunkt umgerechnet für zwei Personen wären ca. 6 Dollar. Da mit dem Flugzeug die gleiche Strecke, der Hauptstadt Yangon nach Mandalay hin und zurück für zwei Personen ca. 420 Dollar betragen hätte, beschlossen Catherine und ich, diese Nachtfahrt auf uns zu nehmen. So lernten wir Birmas etwas abenteuerliche Überlandstraßen kennen. Die dadurch gesparten Dollar verschenkten wir gerne an die birmanischen Geschwister für ihre zum Teil so vorbildliche Arbeit unter Armen und Slumbewohnern.

Die 620km lange Fahrt wurde tatsächlich ein Abenteuer. Ich nannte es etwas scherzhaft einen „Horrortrip“. Der Bus war eher alt und schmutzig und hatte gleich nach der Abfahrt einen Motordefekt. Nach ca. einer Stunde ging es weiter. Dann kam der eingangs erwähnte Knall. Dabei war dies schon der zweite Reifendefekt auf dieser Reise. Der erste hatte sich etwas weniger lautstark eingestellt. Bei der Fahrweise und den Straßenverhältnissen allerdings kein Wunder. Dann nochmals eine Reifenpanne. Statt der offiziellen Ankunftszeit um 10.00 Uhr am nächsten Tag, trafen wir erst um 14.30 Uhr in Mandalay ein. Statt der offiziellen 14 Stunden ca. 19 Stunden Reisedauer. Zum Glück wartete erst am Abend ein Dienst auf mich, so daß wir uns doch etwas von diesem neuen Erlebnis, zunächst mit einer erfrischenden und kräftigen Dusche, erholen konnten. Der Rückweg war schon etwas zivilisierter, das Fahrzeug eleganter, allerdings gab es auch wiederum drei Reifenpannen. Die Passagiere zeigten keine Aufregung, sind dies offensichtlich gewohnt und keiner murrte oder schimpfte, wenn sich die ganze Reise dadurch gleich um mehrere Stunden verzögerte. Auch das war ein neues „Fahrgefühl“.

Doch dies waren nur kleine Unannehmlichkeiten im Zuge einer eigentlich problemlosen und bewahrten Reise. Mich freute besonders zu vernehmen, wie in diesem Land Menschen mit dem Evangelium erreicht werden. So erzählte mir Daniel, ein Gläubiger aus dem Volk der Chin, wie sein Bruder unter den Stammesleuten im nördlichen Bereich des Vielvölkerstaates Birma, das seit 1989 Myanmar heißt, Leute zum Mittagessen einlädt. Die Kontakte haben sich über Sonntagsschule der Kinder und persönliche Freundschaften ergeben. Da oft Armut und Hunger herrscht, werden solche Einladungen gerne angenommen. Während der Gemeinschaft beim Essen bezeugen sie ihren Gästen das Evangelium. Diese Begegnungen über den Eßtisch werden über mehrere Tage hin wiederholt. Nach einiger Zeit sind die meisten bereit, trotz ihres buddhistischen Hintergrunds, Jesus als ihren Erlöser anzunehmen. Ca. 20 entschieden sich, Jesus nachzufolgen. „Wir beginnen damit, den Leuten zu erklären, wer Gott ist“, so erzählte mir Daniel, denn der Buddhismus kennt keinen Schöpfergott. Leben ist Leiden, lautet eine Kernaussage des „erleuchteten“ Buddha. So wird alle Anstrengung darauf gelegt, dieses Rad des Lebenskreislaufes verlassen zu können, um in das Nirwana, das ewige Nichtempfinden einzugehen. Erst dann sei man richtig erlöst.

Das Evangelium ist für diese Menschen oft genug sprichwörtlich eine frohe Botschaft. Gerne nehmen sie dieses Angebot an, mit Gott durch Jesus Christus versöhnt zu werden. Einige erlebten zu Hause von ihren buddhistischen Verwandten so starken Druck, daß sie dann nicht mehr kamen. Dabei setzen diese Geschwister die Hürde auch insofern hoch, daß sie den Neubekehrten nahelegen, sich taufen zu lassen. Drei waren dann in diesem Fall doch bereit, diesen Schritt zu vollziehen. Doch ist zu hoffen, daß auch bei den anderen zur gegebenen Zeit noch die Saat aufgehen wird.

Ich war verblüfft, von dieser Art von „Freundschaftsevangelisation“ zu vernehmen, ohne daß diese missionarisch gesinnten Gläubigen jemals irgendeinen Kurs über „Seekerfriendly Church“ besucht haben. Was sie kennzeichnet ist der Glaube an das irrtumslose Wort Gottes, das Vermeiden von Kompromissen oder anders ausgedrückt: eine echte Liebe zu Jesus, verbunden mit dem Wunsch, so viele ihrer Landsleute wie möglich effektiv mit dem Evangelium zu erreichen.

Weil man auch wert auf Schulung legt, war schon vor einiger Zeit die Einladung an mich ergangen, doch einmal Yangon zu besuchen. Timothy, der so eine Art Bibelschule leitet und mich um apologetische Dienste bat, hatte mich schon vor einigen Jahren in Indien kennengelernt. Damals unterrichtete ich am BBC (Bharat Bible College) in der Nähe von Hyderabad. Nun hatte es sich nach etlichen Anläufen so ergeben, daß meine Frau und ich am 21. Januar aufbrachen und am nächsten Tag in Bangkok, der Hauptstadt Thailands, zwischenlandeten. Nach einigen Stunden ging dann der Flug nach Yangon weiter, wie das ehemalige Rangun, die Hauptstadt Myanmars, nun genannt wird. Timothy und sein Bruder Daniel holten uns am Flughafen ab, nachdem bis zu diesem Zeitpunkt alles klaglos verlaufen war. Die Freude über das Wiedersehen war groß. Bei hochsommerlichen Temperaturen um ca. 30 Grad ein buchstäblich warmer Empfang.

Dank der Zeitverschiebung, des berüchtigten Jetlags, wachte ich die ersten Tage oder besser Nächte zwischen 2 und 3 Uhr früh auf. Das gab mir genügend Zeit für die Stille mit Gott und auch innerliche Vorbereitung für den Unterricht während der ersten zehn Tage, der jeden Vormittag ca. 3 Stunden umfaßte. Es war schon beeindruckend den Hunger zu sehen, mit dem diese jungen Leute biblische Zusammenhänge aufsaugen und tiefer in das Wort Gottes eindringen wollen. Timothy bemerkte mir gegenüber, wie sie eine Art „Untergrundkirche“ sind. So wurde ihre Bibelschule, die sich vorher mehr im Zentrum von Myanmar befand, von der Regierung vor einem Jahr geschlossen.

Myanmar ist ein stark buddhistisch geprägtes Land, einige Stimmen sagen sogar, es sei das buddhistischste Land der Welt überhaupt. Gemäß Reiseführer Apa Guides, Birma Myanmar hat es ca. 800 000 Mönche. Überall im Lande sieht man die kahlgeschorenen Gestalten mit den rostbraunen Umhängen, bzw. Mönchsgewändern.

Was einem in diesem Land auffällt, ist der Schmutz und die Armut, obwohl es nicht so schlimm ist wie in Indien. Diese Mönche sind für die Wirtschaft, die ohnehin wenig verheißungsvoll vor sich dahinkrebst, eine zusätzliche Belastung. Denn sie leben in einem Land der Armut vom Betteln und sind nichts anderes als Parasiten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Birma wirtschaftlich und im Bereich des Lebensstandards Singapur weit überlegen. Doch 1962 entschied man sich für den „Birmanischen Weg zum Sozialismus“. Darin heißt es unter anderem: „Der Rat glaubt, daß es erst dann möglich ist, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beenden, wenn eine sozialistische Wirtschaft, die auf Gerechtigkeit aufbaut, errichtet ist...“ Ergebnis: Aus der Reisschale des Fernen Ostens ist ein Armenhaus geworden. Die größte Bankrottideologie der Geschichte hat Birma so heruntergewirtschaftet, daß die UNO 1987 den LCD-Status für Myanmar anerkannte. LCD heißt Least Developed Country, also das am wenigsten entwickelte Land. Und so schreibt unser Reiseführer, wie das Pro-Kopf-Einkommen nur halb so hoch wie in Indien ist. Und das bei einem von Natur aus so schönen und reichen Land wie Myanmar mit seinen oft so freundlichen und hilfsbereiten Menschen.

Gegen Schluß unseres Aufenthalts hatten wir noch einige Zeit für Sightseeing eingeplant. So besuchten wir mit der eingangs erwähnten „reifenpannenreichen“ Busfahrt die ehemalige Königsstadt Mandalay. Sie gilt als eine Art Zentrum des Buddhismus, jedenfalls wollte sie der damalige König Mindon dazu ausbauen. Zwar hatte ich dort mehrere Dienste in Baptistengemeinden, doch es wurde auch manch religiös wie historisch interessanter Ort besucht. Um ehrlich zu sein, ich war bald „pagodengesättigt“. An fast jeder Ecke, höherem Berg oder Hügel befinden sich vergoldete Pagoden. Gewöhnlich echtes Gold, denn dadurch erwirbt man sich Verdienste für das nächste Leben. So wird ein armes Land dank seiner Religion noch mehr ausgesaugt.

Die Atmosphäre ist oft düster bis schmutzig und überall sind Buddhastatuen zu sehen. Ein Land, angefüllt mit Götzen. „Christus ist das Licht der Welt, das Mönchtum ist die Nacht“, heißt es in dem Buch Pater Chiniquy‘s Erlebnisse. Obwohl diese Aussage sich auf das christlich-katholische Mönchswesen bezieht, wurde ich immer wieder an diese Aussage im Anblick dieser Religion und ihrer Klöster erinnert. Die Finsternis ist fast mit Händen zu greifen und der meditierende Buddha-Jünger dreht sich nur noch um sich selber, sein spirituelles Empfinden und die verschiedenen Grade seiner Erleuchtung.

Leider wird diese Art von Frömmigkeit auch bei uns im christlichen Raum immer attraktiver. Bezogen auf das katholische Klosterwesen sagte ein sich evangelikal gebender Doktor der Theologie „Das Mönchtum ist die erweckliche Form der Christenheit“. Dies ist nichts anderes als eine sanfte Gegenreformation, die über Kommunitäten und charismatische Frömmigkeit immer mehr Nährboden auch bei uns findet und sich ständig ausdehnt. Die Mystik überspringt nicht nur die Schranke zum Katholizismus, sondern auch zu den anderen Religionen. So berichtet ein katholischer Charismatiker, wie er nach Empfang der Geistestaufe auf einmal die Parallelen zwischen Zen-Buddhismus und Christentum zu erkennen meinte.

Leider sind solche „Erleuchtungserfahrungen“ keine Rarität mehr. Sich versenkende Klosterinsassen finden in ihren spirituellen Energien und Erfahrungen die gleiche „Schwingungsebene“, seien es nun christliche Mönche in irgendwelchen abendländischen Klöstern oder Meditierende, die durch Buddha oder andere „Gottheiten“ erleuchtet worden sind. So kann beispielsweise Reinhard Deichgräber, ehemals Dozent in Hermannsburg, gemeinsam mit dem Japaner Hirata Meditationsübungen abhalten. Schon vor einigen Jahren schrieb die Walsroder Zeitung: „Das ‚christliche Missionswerk‘ Hermannsburg will den christlichen Glauben durch buddhistische Meditationsformen ‚auffrischen‘. Es propagiert Religionsvermischung zwischen Buddhismus und Christentum.“ Im hauseigenen Blatt erklärt Hirata: „Einmal vermittle ich die Lehren christlicher Mystiker. Zum anderen führe ich ganz praktische Übungen durch: Übungen des Stillsitzens, des Atems – und zwar mit Hilfe der uralten chinesischen Atemübung des Qi Gong – und des meditativen Tanzes. Und manchmal biete ich Yoga-Übungen an“ (Mitteilen, Herrmannsburger Missionsblatt, 1/96). Ost und West reichen sich nun über New Age und Mystik die Hand. Und wer diese große Einheitswelle ablehnt, ist einfach engstirnig und hat noch nicht begriffen, was Jesus mit seinem Gebet in Joh. 17,21 angeblich wirklich sagen wollte. Auch die Zeitschrift Aufatmen mit ihrem Trend zur neuzeitlichen Mystik widmet Reinhard Deichgräber ein mehrseitiges wohlwollendes Interview „Ein Tag mit Reinhard Deichgräber“ (Aufatmen, Winter 1999/2000).

Bei dieser für mich noch ziemlich neuen Entdeckungsreise durch den Buddhismus ist mir auch die Biographie von Martin Kamphuis Ich war Buddhist hilfreich gewesen, der mit seiner Frau Elke seit Oktober letzten Jahres bei uns zur Miete wohnt. Zunächst war ich streckenweise erneut erschüttert, was er im Zuge seiner Suche zu sich selbst alles für Erfahrungen gemacht hat, und welche alternativen Therapieformen er dabei offensichtlich akzeptierte, die man noch vor gar nicht so langer Zeit als Unsinn abgetan hätte. Doch der innere Kern des Menschen ist angeblich göttlich und den gilt es neu zu entdecken, und sei es mit Rebirthing-Therapie oder sogar mit Atemübungen unter Wasser mit Schnorchel. Dadurch sollen angeblich innere Blockaden auf dem Weg zum wahren Selbst erkannt und überwunden werden. Es ist tragisch zu sehen, wie sehr gewisse Formen der Psychotherapie direkt in New Age und Okkultismus einmünden. Schamanismus und andere Okkulttechniken können nun im Rahmen alternativer Therapieformen auf einmal aus dem Dunstkreis des Aberglaubens heraustreten und mit einem pseudowissenschaftlichen Persilschein irgendeiner psychologischen Richtung versehen werden. Das A und O dieser verschiedenen Methoden dürften Atemtechniken sein, wodurch man angeblich mit kosmischer Energie durchdrungen wird. Je mehr sich der abendländische Mensch vom Christentum loslöst, desto mehr wird er anfällig für alle möglichen bis unmöglichen Selbstfindungstechniken, da er sich nun ja neu definieren muß. Vernünftige Menschen, so könnte man meinen, liegen auf einmal wie Säuglinge im Schoße anderer Therapieteilnehmer, oder kriechen fauchend und brüllend am Boden herum, weil sie nun angeblich das „Tier“ in sich entdeckt haben.

Der Buddhismus und seine „Erleuchtungen“ sind für die evangelikale Christenheit keine Gefahr, so könnte man meinen. Doch die Schlüsselgestalt für die Techniken der sogenannten „Inneren Heilung“ und Heilungsdienste im charismatischen aber auch im evangelikalen Umfeld heißt Agnes Sanford. Ihr Buch Heilendes Licht nannte John Wimber den Klassiker zu dem Thema Heilung schlechthin. Agnes Sanford nun berichtet in ihrer Autobiographie, wie sie einmal in China in so einen Buddhatempel ging. Ihre Eltern waren amerikanische Chinamissionare. Aus Trotz, gerade auch weil ihre Eltern vor diesen Götzen warnten, betete sie wie die chinesischen Buddhisten diese Statue an. „Ein Gedanke kam mir – Was, wenn diese Götzen doch auch Kraft hätten?...Ich faltete meine Hände zusammen, beugte mich vor dem gelassen ruhenden vergoldeten Götzen, der mir ganz offensichtlich keine Aufmerksamkeit schenkte, und murmelte ‚O-meto-fu‘, wie es die Mönche taten. Nichts geschah. Oder doch? Denn allmählich kam in mir eine andere Stimme hoch, die mich verhöhnte, verachtete und verspottete. Ich habe mir über diesen inneren Dialog wenig Gedanken gemacht“ (Sealed Orders, S. 14).

So läuft, wenn man so sagen darf, in gewisser Hinsicht ein Zangenangriff buddhistischer Lehren in vielfältiger Weise auf uns zu: Über die charismatische Heilungsschiene einerseits und alternative Therapie- und Meditationsformen andererseits. Da auch viele Evangelikale inzwischen ehrfurchtsvoll vor der Psychologie und ihren angeblich so wissenschaftlichen Erkenntnissen den Hut ziehen, besonders die Traumdeutung immer attraktiver finden, greifen dementsprechend gewisse Dämonenlehren immer schneller um sich.

Das Buch von Martin Kamphuis war auch eine gute Möglichkeit, um mit Birmanen direkt über Buddha auf Jesus Christus sprechen zu kommen. Denn sowohl der Titel wie auch die Bilder von den einzelnen Stationen des Autors, erweckten Neugierde.

Meine Frau war besonders glücklich, auf den Spuren von Adoniram Judson „wandeln“ zu dürfen. Dieser Pioniermissionar hat Großes geleistet und eine deutliche Segensspur hinterlassen. Sogar der Reiseführer erwähnt, wie er das erste anglo-birmanische Wörterbuch verfaßt hat. Auch übersetzte er die Bibel als Erster in die birmanische Sprache und diese Übersetzung wird heute noch verwendet. Ursprünglich wollte er nach Indien, um William Carey zu unterstützen. Doch die Engländer, die an Missionaren nicht interessiert waren, ließen ihn nicht ins Land. So wich er nach Birma aus und mußte zunächst viele Entbehrungen und Leiden auf sich nehmen. Da damals um 1826 auch der erste anglo-birmanische Krieg stattfand, wurde er verhaftet. Er meinte, als Amerikaner habe er damit nichts zu tun, doch der König Bagyidaw warf ihn ins Gefängnis bei der damaligen Königsstadt Ava, am berühmten Irrawaddy gelegen. Sogar der Reiseführer schreibt, wie er in diesem Kerker schlimm gelitten hat. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Unter einer Baumgruppe gab es eine Gedenktafel, die an dieses einst schreckliche Verlies und die Leiden dieses großen baptistischen Missionars erinnern sollte. Doch auch diese Tafel ist inzwischen zerbrochen bzw. entfernt worden. Wie man mir sagte, sei dies mit höherem Einverständnis geschehen, um das Bild des Buddhismus als einer friedliebenden Religion nicht zu trüben. So wurden auch andere Tafeln bei Klöstern entfernt, die auf das Leiden von christlichen Missionaren hinwiesen. Auch wurde mir berichtet, wie sich Christen manchmal Schikanen gefallen lassen müssen. So wurden Gemeinden einfach geschlossen oder z.B. eine Baptistengemeinde in Yangon aus dem Stadtzentrum einfach ca. 30km weg in einer Art Zwangsumsiedlung in rein buddhistisches Gebiet verlagert.

In Amarapura, in der Nähe von Ava, war nun eine besondere Ansammlung von Buddhastatuen von zum Teil eindrücklicher Größe zu sehen. Auch ein kolossaler liegender Buddha befand sich dort. Mich störte an diesem Ort besonders der Schmutz. Praktisch überall lagen dreckige Plastiksäcke herum und Plastikmüll scheint bald schon allgegenwärtig in diesem Land zu sein, jedenfalls wo wir entlangfuhren. Ich frage mich, wann Birma im Plastikabfall untergeht. Auch die Parkanlagen und die Wasserläufe sind von diesem modernen Schmutz der Kunstoffindustrie durchzogen.

Einem umweltbewußten Grünen würde bei diesen Buddhastatuen nicht eine Erleuchtung, sondern eher ein Herzstillstand wegen dieses schmutzigen Plastikmülls und seiner häßlichen Ausbreitung widerfahren. Wer meint, das Christentum sei eine umweltfeindliche Glaubensrichtung und die asiatischen Religionen haben den sanften Zugang zu der Natur, dem sei von Herzen ein Besuch in Myanmar und seinen heiligen Stätten empfohlen. Die innere Finsternis hat auch ihre sichtbaren Auswirkungen. Umweltbewußtsein scheint den Menschen dort fremd zu sein.

Doch noch etwas anderes ließ mich diesen Götzen nur mit Widerwillen nahen. Die Naga, halb Drache und Schlange, ist eine Art Schutztier und wird oft in Verbindung mit Buddha gezeigt. Das Haupt dieser Drachenschlange schwebt über dem sitzenden Buddha und er weilt auf den Windungen dieses Monsters. Viele Anlagen sind über solche aufgerollten Nagas zu betreten, die mit ihren Leibern die Verehrer buchstäblich zu dem „erleuchteten“ Buddha führen. Es ist an Symbolkraft kaum zu überbieten; über die Schlange bzw. den Drachen wird man zu Buddha eingeladen, und darf so auch ziemlich der ersten Lüge der Schlange aufsitzen, daß wir Götter oder zumindest göttlich erleuchtet seien.

Wir besuchten noch eine sogenannte heilige Höhle in der Nähe von Pyin-U-Lwin. Vom Anfang bis zum Ende war diese Tropfsteinhöhle mit Buddhagötzen in allen Posen und Größen angefüllt. Besucher strömten heraus und herein. Dabei wird mir unvergeßlich bleiben, wie ein junges und hübsches Mädchen sich vor einer Statue niederwarf und voller Inbrunst betete. Es tat mir in der Seele weh zu sehen, wie hier ein Geschöpf Gottes durch Götzendienst geknechtet wird. Welch ein Vorrecht haben wir doch als Christen, daß wir keine heiligen Orte aufsuchen müssen, sondern Gott, der die Herzen kennt, uns an jeder Stelle im Geist und in der Wahrheit durch Jesus Christus nahen dürfen.

Als ich in Mandalay in einer Baptistengemeinde sprach, zitierte ich u.a. auch Apg. 17,16, wo es von Paulus heißt, daß sein Geist ergrimmte, als er die Stadt angefüllt mit Götzen sah. Jedenfalls wurde ich mehrmals an diese Bibelstelle erinnert, als ich die vielen Pagoden mit ihren unterschiedlichsten Buddhafiguren und Schlangen zur Kenntnis nehmen mußte.

Auch erwähnt der Reiseführer, wie in Myanmar die Verehrung von Schutzgeistern, den so genannten nats, sehr verbreitet ist. Interessanterweise schreibt sogar dieses Buch: „Für die Myanmaren nehmen sie (die nats, Anm.) in etwa jene Bedeutung ein, die für den gläubigen Katholiken die Heiligen haben. Auch diese werden in Stunden der Not um Hilfe angerufen“ (S. 84). Da kann man nur sagen, die Kinder der Welt sind klüger als die Kinder des Lichts, denn für viele unserer Frommen ist zwischen evangelischer und katholischer Frömmigkeit immer weniger Unterschied zu erkennen.

Ganz unerwartet taten sich für mich noch die Türen zu MIT (Myanmar Institute of Theology, nicht zu verwechseln mit dem renommierten Massachusetts Institute of Technology) auf, der größten und einflußreichsten evangelikalen Ausbildungsstätte in Myanmar, die bereits im 19. Jahrhundert von Baptisten gegründet wurde und auch noch indirekt auf den großen Missionar Adoniram Judson zurückgeht. Ca. 600 Studenten werden dort in verschiedenen Ausbildungsstufen unterrichtet.

Die verantwortlichen Leiter berichteten mir, wie Charismatiker unter den Gläubigen des Chin-Stammes viele Spaltungen angerichtet haben. So war man sehr aufgeschlossen über weitere Informationen und ich wurde gebeten, doch wiederzukommen. Das Klagelied von Spaltungen durch die charismatische Bewegung ist leider weltweit zu hören. Ich möchte hier nochmals betonen, daß sich diese Tür ganz unerwartet öffnete und ich nicht damit rechnete, bei so einer umfassenden eher neoevangelikalen Ausbildungsstätte die gleichen Klagen bezüglich Trennungen zu vernehmen, wie man sie leider zu diesem Thema fast überall erfährt. Man erzählte mir, wie weder Benny Hinn noch Reinhard Bonnke jemals in Myanmar gewesen sind, ein glückliches Land also. Yonggi Cho ist natürlich bekannt und hat sich das Ausnahmerecht, einmal öffentlich predigen zu dürfen, für sehr viel Geld erkauft.

Ein feiner junger Birmane, der mit World-Vision zusammenarbeitet, führte uns durch einige Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt Yangon und zeigte uns auch eine Auffangstätte für Straßenkinder, wo sie ca. 50 verwaiste Kinder mit Essen und Unterkunft versorgen. Es war bewegend, diese zum Teil verwahrlosten Geschöpfe zu sehen, die hier dennoch neue Hoffnung schöpfen konnten. Es ist nicht gestattet, offen zu evangelisieren. So bestätigte mir eine Betreuerin, wie man nicht sagen dürfte, daß Jesus Christus der einzige Heiland ist. Ich bemerkte darauf, wie es in Europa auch nur noch eine Frage der Zeit sein dürfte, bis im Zuge der neuen Toleranz dies womöglich auch bei uns nicht mehr gesagt werden darf. Um zu illustrieren, wie antichristlich z.B. Deutschland schon geworden ist, erwähnte ich noch, daß wir seit dem 1. August letzten Jahres ein neues Lebenspartnerschaftsgesetz haben. Ihren Blick werde ich nicht so schnell vergessen, als sie etwas fassungslos nachfragte, ob sie richtig verstanden habe, daß bei uns Homosexuelle nun eine Art eheähnliche Verbindung eingehen können.

Man muß sich leider tatsächlich in solchen Ländern, wenn man aus Deutschland kommt, fast schon schämen. Auch wenn man noch darauf hinweist, daß Gerhard Schröder im Guinness Buch der Rekorde als der meistgeschiedene Kanzler weltweit erscheint. Durch diese Konfrontationen wird es einem erneut bewußt, wie moralisch bankrott und dekadent wir schon geworden sind und wie sehr Gott diese Europäische Union dahingegeben hat. Es ist tatsächlich so, was sich heute bei uns als Gesetzgebung abspielt, hätte man noch vor einigen Jahren als abartige Phantasie abgetan und zeigt leider, wie sehr wir schon in den antichristlichen Sog hineingeraten sind.

Um so ermutigender ist es zu sehen, wie das Evangelium weltweit Kreise zieht und immer mehr Menschen gerade auch in diesen Ländern sich der Heilsbotschaft öffnen und Gott nun aus allen Völkern und Stämmen sich eine Schar herausruft. Sogar der Reiseführer erwähnt die Geschichte des Karenvolkes, das eine uralte Überlieferung bzw. Heilige Schrift kannte, die aber im Zuge ihrer Wanderung verlorenging. Ihr Gott Y’we ließ sie aber wissen, daß eines Tages ein „Weißer Bruder“ diese Schrift zurückbringen würde. Auch wußten die Karen von der Erschaffung der Erde nach einem 7 Tage Zyklus und kannten die Geschichte der Vertreibung aus dem Paradies. Als Folge davon haben sich viele Karen bekehrt und auch heute noch findet man die meisten Christen Myanmars in diesem Stamm. So hat Gott Mittel und Wege, auch in unseren Tagen, noch viele Menschen aus all den vielen Sprachen, Völkern und Stämmen zu erreichen, die einmal vor dem Thron des Lammes ihren Erlöser anbeten werden. Auch für mich ist es immer neu bewegend und ein Gewinn, die große Einheit der Familie Gottes, dieses Geheimnis der Gemeinde, erleben zu dürfen. Auch kann ich dem lebendigen Gott nur von Herzen für alle Bewahrung und Gnade danken, die Catherine und ich erfahren durften. Auch für die vielen offenen Türen, die Er, nicht zuletzt dank der Gebete von Euch, so unerwartet geschenkt hat.

Alexander Seibel


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